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Wandervogel und Pfadfinder - Was bedeutet das?

Die Wandervogelbewegung entstand 1886 in Berlin-Steglitz. Der Student und Stenographielehrer Hermann Hoffmann bot an einem Gymnasium in Berlin-Steglitz seinen Schülern gemeinsame Wanderungen an. In einer Zeit sehr strenger Erziehung und zunehmend industrieller Arbeit wollte er seine Schüler zum Wandern in der Natur, losgelöst von den gesellschaftlichen und schulischen Zwängen anregen. Bald fanden die ersten Fahrten statt. Als Hermann Hoffmann ins Ausland ging, gründete Karl Fischer - einer seiner Schüler - 1901 den "Wandervogel-Ausschuss für Schülerfahrten" und gab dem Wandervogel so eine Struktur. Die Idee des Wandervogels verbreitete sich schnell im gesamten deutschsprachigen Raum. Gleichzeitig gab es aber auch verschiedene Vorstellungen und Meinungen zu den Themen Form, Führungsstil und Ziele der Wandervogelbewegung (u. A. Frauen in den Gruppen und Alkohol auf Fahrt), was in den folgenden Jahren zu vielen Spaltungen und Neugründungen von Gruppen führte.

Die Pfadfinderbewegung ("Scouts") wurde von dem Offizier Robert Baden-Powell ins Leben gerufen. Im Burenkrieg in Südafrika hatte er Jungen als Boten und Kundschafter eingesetzt und die Erfahrung gemacht, dass sich diese für die Aufgaben leicht begeistern lassen und sich dabei durch eine große Selbstständigkeit auszeichnen.

Im Jahr 1907 führte Baden-Powell auf Brown-Sea Island in England ein erstes Probelager, mit 21 Jungen verschiedener sozialer Schichten, durch. Dabei setzte er ganz gezielt seine Erfahrungen als Erziehungsmethode ein. Er teilte die Jungen in Patrouillen ein, lehrte sie Waldläufertechniken und gab ihnen Aufgaben sowie Verantwortung. Über dieses Lager schrieb er 1908 das Buch "Scouting for Boys", welches seine Erfahrungen des Lagers und verschiedene Waldläufertechniken, beinhaltete.

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Das Buch breitete sich schnell über die ganze Welt aus und es wurden überall Pfadfindergruppen gegründet. Dr. Alexander Lion und Maximilian Bayer übersetzten das Buch 1909 in die deutsche Sprache. So entstanden auch bald deutsche Pfadfindergruppen, darunter der 1911 von Lion und Bayer gegründete Deutsche Pfadfinderbund, kurz DPB. Damals war dieser Bund sehr stark militärisch geprägt, was sich zum Beispiel durch das Tragen von Uniformen bemerkbar machte. Auch die Führer kamen vom Militär und der DPB wurde sogar vom Kaiser unterstützt, der das Bundeszeichen, das Rautenschachbrett, stiftete.

1913 war dann das 100-Jährige Jubiläum der Völkerschlacht bei Leipzig. Wandervögel, Studentenbewegungen und Lebensreformer fanden sich als Gegenbewegung auf dem Hohen Meissner zum "Ersten Freideutschen Jugendtag" zusammen. Dabei beschlossen sie die Meissner Formel:

Die freideutsche Jugend will nach eigener Bestimmung,

vor eigener Verantwortung, in innerer Wahrhaftigkeit ihr Leben gestalten.

 

 

1914 brach dann der erste Weltkrieg aus. Neben Pfadfindern zogen auch viele Wandervögel, trotz ihres Anspruchs nach eigener Bestimmung und eigener Verantwortung, begeistert in den Krieg. Dadurch fehlten vielen Gruppen die Führer, weshalb Frauen und jüngere Führer übernehmen mussten. Dies führte zu Konflikten mit den Führern, welche am Ende des Kriegs zurückkehrten.

Es gab viele Bestrebungen zu Erneuerungen, durch die sich die Kultur der Pfandfinder- und Wandervogelbewegungen gegenseitig beeinflussten und bereicherten. In dieser Zeit der zahlreichen Neugründungen und Zusammenschlüsse entwickelte sich der Begriff der "bündischen Jugend".

Der Nerother Wandervogel, unter anderem von den Oelbermann-Brüdern mitgegründet, zeichnete sich durch ausgiebige Großfahrten und eine großartige Sangeskultur aus. Viele unserer heutigen Lieder stammen noch von Personen mit Bezug zum Nerother Wandervogel, welcher auch heute noch existiert.

Michael (mit bürgerlichem Namen Walther Jansen) wurde auch bald Mitglied eines Bundes, dem Neudeutschen Pfadfinderbund, Dort war er Führer und man sieht, dass es dieser Bund war, welcher den unseren, sein Werk, stark beeinflusste.

Eine weitere prägende Figur der Jugendbewegung ist tusk (Eberhard Koebel), der am 01.11.2019 die d(eutsche)j(ugend)1.11. gründete. Er entwickelte die Jungenschaftsjacke und unternahm mehrere, legendäre Lapplandfahrten, auf denen er die Zelte und die dortigen Ureinwohner kennenlernte und daraus die Kohte entwickelte. Die dj1.11. prägte die bündische Jugend durch ihre Kultur und ihre Ideen enorm.

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Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde neben andern Jungengruppen auch die bündische Jugend verboten und in die Hitlerjugend (HJ) eingegliedert. Um dieser Gleichschaltung zu entgehen, taten sich zahlreiche Bünde zum Großdeutschen Bund zusammen. Michaels Neudeutscher Pfadfinderbund vereinte sich mit anderen Bünden zur Reichsschaft Deutscher Pfadfinder, welche als Bundeskluft, wie auch der heutige DPB, ein blaues Hemd und ein rot-silbernes Halstuch hatte. Das Verbot erfolgte trotzdem. Die Gruppen gingen damit unterschiedlich um: Einige arbeiteten mit der HJ zusammen, andere wollten ihre Gruppen in der HJ weiterführen und wieder andere führten ihre Gruppen im Untergrund weiter, sie gingen dann illegal auf Fahrt. Einige Bündische leisteten auch Widerstand , ein Beispiel ist die Weiße Rose, bei der einige Beteiligte einen bündischen Hintergrund hatten. Zu sagen ist noch, dass das Weiterführen der Gruppen in der HJ anfänglich noch funktionierte, aber nachdem die HJ ihre eigenen Führer ausgebildet hatte, nicht mehr legitimiert wurde.

Nach dem Krieg wurde der DPB 1945 von Michael in Berlin (zunächst unter dem Namen Bund Deutscher Jugend, da die russischen Besatzer Vorbehalte gegen Pfadfinder hatten) neu gegründet. Trotz des gleichen Namens hat unser DPB allerdings nicht viel mit dem DPB von 1911 gemeinsam. In der Frage nach Wesen und Form bezieht sich der DPB eher auf den "Neudeutschen Pfadfinderbund" und die "Reichsschaft deutscher Pfadfinder". 

Parallel zu den Geschehnissen in Berlin, schlossen sich die interkonfessionellen Pfadfinder Westdeutschlands zum Bund Deutscher Pfadfinder (BDP) zusammen, welcher zusammen mit der katholisch orientierten Pfadfinderschaft Sankt-Georg (DPSG) und dem protestantisch orientierten Christlichen Pfadfinderbund Deutschlands (CPD) den Ring Deutscher Pfadfinder (RDP) bildeten, welcher der Deutsche Vertreter im Weltpfadfinderverband ist. Die Namen änderten sich zwar in den siebziger Jahren noch einmal, ansonsten bestehen diese Strukturen aber noch heute.

Weitere Informationen zum DPB: Geschichte des DPB